Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht für Rechtsreferendare

 

 

I.  Allgemeines

Durch den Vortrag soll der Prüfling zeigen, dass er befähigt ist, nach kurzer Vorbereitung in freier Rede den Inhalt einer Akte darzustellen sowie einen praktisch brauchbaren Vorschlag zu unterbreiten und zu begründen. Die Akten für den Vortrag können auch aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder dem Tätigkeitsbereich einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts entnommen werden.

Der Vortrag soll

  • aus einem kurzen Bericht,
  • dem wesentlichen Entscheidungsvorschlag,
  • einer knapp gefassten Begründung dieses Vorschlags
  • sowie einer abschließenden Mit­teilung der zu treffenden Entscheidung oder Maßnahme

bestehen.  

 

Die Einzelheiten erge­ben sich aus dem Aufgabentext, insbesondere dem Vermerk für die Bearbeitung. Es ist vom Standpunkt eines in der Praxis tätigen Juristen auszugehen, der die Sache anderen Juristen vorträgt. Der Zuhörende muss in die Lage versetzt werden, den Vortrag ohne wei­teres aufzunehmen und alles Wesentliche im Gedächtnis zu behalten. Beim Vortrag kann der Prüfling Stichwortzettel benutzen und bei Mitteilungen von An­trägen, Zeit- oder Zahlenangaben sowie von Urkunden, auf deren Wortlaut es ankommt, die Akten heranziehen. Das Ablesen einer schriftlichen Ausarbeitung ist nicht gestattet. Der Vortrag soll die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten. Unter keinen Umständen darf er länger als 12 Minuten dauern. Nach dieser Zeit wird er in jedem Fall abgebrochen.

 

1.  Vorbereitung: In NRW 1 Stunde

2.   Durchführung: In NRW 10 Minuten (Faustformel: 1/3 Sachverhalt; 2/3 Begründung)

3.  Freie Rede

  • Seien Sie äußerlich ruhig und gelassen
  • Reden sie laut und deutlich, nicht zu schnell
  • Seien Sie verständlich, einprägsam, präzise und kurz
  • Seien Sie selbstbewusst, aber nicht arrogant

 

II. Aufbau

1.    Begrüßung der Prüfer*innen

2.    Einleitender Satz, mit Bezug auf folgende Punkte:

  • Welche Art des Verfahrens?
  • Welches Verfahrensstadium?
  • Welches Gericht?
  • Ggf. Personalien: Die Angabe der Personalien ist regelmäßig unnötig, es sei denn, es erge­ben sich besondere Probleme (z. B.  Vertretungsbefugnis).

 
Beispiele:
 

  • Ich berichte über einen Rechtsstreit, der im Jahre 2021 beim Amtsgericht Bochum rechtshängig war. Kläger ist der anwaltlich vertretene Kaufmann Alfons Werner, Beklagter ist der Metzger Gott­fried Fiedler.
  • Es handelt sich um einen Antrag auf einstweilige Verfügung wegen einer angeblichen Strom­sperre, der dem Amtsgericht Bochum zur Entscheidung vorliegt.
  • Ich trage über eine Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung vor, die vom Amtsgericht Bochum - Vollstreckungsgericht - zu entscheiden ist.

3.    Sachverhaltsschilderung

Im Prinzip wie einen Urteilstatbestand aufbauen, aber nur das Geschehen berichten, das für die zu tref­fende Lösung notwendig ist. Jedes danach überflüssige Wort, jede danach überflüssige Angabe von Zahlen oder Daten beeinträchtigt den Wert des Vortrages, weil der Zuhörer sich solche Einzelheiten nur begrenzt merken kann und er nicht ohne Not veranlasst werden soll, sich Daten oder ähnliche Einzel­heiten einzuprägen. Auf jeden Fall sind diejenigen Tatsachen mitzuteilen, auf die später in der rechtli­chen Würdigung eingegangen wird. Struktur:

  • Geschichtserzählung
  • Streitiger Vortrag Kläger*in
  • Eventuell Prozessgeschichte (vor allem VU/VB/Wiedereinsetzung/Prozessvergl.)
  • Anträge
  • Streitiger Vortrag d. Beklagten
  • Ggf. Replik/Duplik
  • Ggf. Prozessgeschichte (z.B. Beweisaufnahme)

4.   Kurzvorschlag: Entscheidungsvorschlag als Kurzvorschlag

Beispiele:

  • Ich schlage vor, der Klage stattzugeben.
  • Ich schlage vor, das Versäumnisurteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.

5.     Rechtliche Erwägungen (im Gutachten- und Urteilsstil).

Aufbau im Prinzip wie Entscheidungsgründe. Es sind die Rechtsfragen hervorzuheben, bei denen die Bearbeitung einsetzen muss. Es genügt eine Skizzierung der rechtlichen Gedankengänge, die nach der Ansicht des Vortragenden die vorgeschlagene Entscheidung stützen. Prozessuale Fragen sind nur zu erörtern, wenn insoweit Zweifel bestehen. Die rechtlichen Überlegungen sollen bei eindeutigen Ergeb­nissen im Urteilsstil erfolgen; problematische Fragen sind im Gutachtenstil zu erörtern. Am Ende der rechtlichen Ausführungen sind bei Entscheidungsvorschlägen auch die vorgeschlagenen Ne­benentscheidungen kurz zu begründen. Regelmäßig genügt die Angabe der einschlägigen Vorschriften.

 

  Amtliche Hinweise des Justizprüfungsamtes  

 

 Kurzvorträge aus dem Zivilrecht    werden auch auf den Seiten des Landesjustizprüfungamtes zum Download angeboten (s. auch die    Kurzvorträge mit Lösungen   unter "Downloads" )

 

 

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