Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht für Rechtsreferendare

Referendare in der Zivilgerichtsstation

Veröffentlicht von H. Lohkamp am 24.05.2010
 



Ref. Klimburg, mein letzter Stationsreferendar

- April 2011 -

In der Zivilstation werden die Referendare und Referendarinnen  nicht nur an der Terminsvorbereitung beteiligt. Sie lernen die Dezernatstätigkeit kennen und nehmen an den mündlichen Verhandlungen mit anschließender Beratung teil, so dass ihnen die prozessualen Grundsituationen und Fragestellungen, die einem Zivilrichter in der täglichen Praxis immer wieder begegnen, geläufig werden. Daneben sind mindestens 6 schriftliche Arbeiten (Voten, Relation und Urteilsentwürfe) anzufertigen. 

Die Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht III (Fortgeschrittenen-Arbeitsgemeinschaft) mit integriertem Klausurenkurs umfasst den 12. bis 20. Ausbildungsmonat und findet bei dem Oberlandesgericht oder einem Landgericht des Ausbildungsbezirks parallel zu der Ausbildung bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt statt. Auf sie entfallen – unter Einschluss der Klausurtermine – etwa 163 Unterrichtsstunden zu je 60 Minuten. Die Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht III  dient der Vertiefung und Ergänzung der bisherigen Ausbildung. Dabei sollen die Referendarinnen und Referendare insbesondere mit der Denk- und Arbeitsweise der rechtsberatend und rechtsgestaltend tätigen Juristinnen und Juristen vertraut gemacht werden.
Für das Erreichen des Ausbildungsziels kommt es weniger auf die Vermittlung von Rechtswissen an. Vielmehr sollen die Grundlagen dafür geschaffen werden, im Rahmen eines Zivilprozesses als Richterin, Richter, Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt sachgerecht – rechtmäßig und zweckmäßig unter Berücksichtigung der Belange der Rechtsuchenden – zu arbeiten.
Fragen des materiellen Rechts dürfen nicht in den Vordergrund treten. Im Mittelpunkt der Ausbildung müssen vielmehr die Denk- und Arbeitsmethoden der am Prozess Beteiligten stehen sowie die zivilprozessualen Grundsituationen, die ihnen im Erkenntnisverfahren immer wieder begegnen. 
Die Referendarinnen und Referendare sollen auch lernen, die – richtige – Entscheidung auf dem schnellsten und für die Parteien kostengünstigsten Weg zu finden. Ihnen soll ferner vermittelt werden, welche Gestaltungsaufgabe dem Gericht bzw. der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt in der jeweiligen Prozess- oder Beratungssituation obliegt.
Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft ist es ferner, Impulse für das Selbststudium zu geben. Zu diesem Zweck sollen praktisch bedeutsame aktuelle Rechtsfragen aus dem Privatrecht behandelt werden. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen materiellem und formellem Recht darzustellen sowie allgemein die Einsicht in das Zusammenwirken von Vorschriften aus verschiedenen Rechtsgebieten zu fördern.
Den Referendarinnen und Referendaren soll im übrigen Gelegenheit gegeben werden, vor allem prozessuale Fragen von allgemeiner Bedeutung, die ihnen in der praktischen Ausbildung in Zivilsachen begegnen, zur kritischen Erörterung in die Arbeitsgemeinschaft hineinzutragen. 

Ausbildungsgegenstände (ohne Einführungslehrgang) 
• Rechtsmittelverfahren, insbesondere das Berufungsverfahren
• Einstweiliger Rechtsschutz
- Arrest
- Einstweilige Verfügung
- Einstweilige Anordnung
• Überblick im Vollstreckungsrecht
- der Anwalt in der Zwangsvollstreckung
- allgemeine und besondere Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen; Vollstreckungshindernisse
- Vollstreckungserinnerung
- sofortige Beschwerde
- Vollstreckungsabwehrklage
- Drittwiderspruchsklage
• Grundbegriffe des Insolvenzrechts, insbesondere
- Aussonderung und Absonderung
- Aufrechnung im Insolvenzverfahren
- Insolvenzanfechtung. 

Ausbildungsmethode
Die Ausbildungsgegenstände sollen von den Referendarinnen und Referendaren anhand von Klausurfällen und Aktenstücken aus der Praxis selbstständig erarbeitet werden. Daneben können zur Erläuterung, Fortführung oder Abrundung der Problematik kleinere Ergänzungsfälle gebildet werden. Die Klausurfälle und Aktenstücke müssen insbesondere geeignet sein, methodische oder prozessuale Grundprobleme zu verdeutlichen, und sollen dazu beitragen, das soziale, wirtschaftliche und rechtspolitische Verständnis der Referendarinnen und Referendare zu fördern.
Ziel der mündlichen Erörterungen ist, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft zu aktiver Mitarbeit zu veranlassen. Eine Vorbereitung der Unterrichtsstunden durch die Referendarinnen und Referendare ist dafür unerlässlich. Soweit die Ausbildungsgegenstände dafür geeignet sind, kommen auch eine Vorbereitung in Kleingruppenarbeit oder Rollenspiele in Betracht.
Neben den mündlichen Erörterungen kommt als Ausbildungsmittel auch die Übung schriftlicher Leistungen in häuslicher Arbeit oder unter Aufsicht in Betracht. Geeignet sind alle Arten schriftlicher Leistungen, wie sie auch von einer Richterin, einem Richter, einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt im Rahmen eines Rechtsstreits erbracht werden.
Die Leiterin oder der Leiter der Arbeitsgemeinschaft soll den Referendarinnen und Referendaren zu Beginn der Arbeitsgemeinschaft einen Ablaufplan aushändigen. 

Der Klausurenkurs wird in Form von vier Klausurenblöcken in die Arbeitsgemeinschaft integriert. Etwa alle acht Wochen findet eine Klausurwoche statt, in der unter Examensbedingungen an vier Tagen jeweils eine Klausur anzufertigen ist. Durch die gleichmäßige Verteilung der Klausurwochen (etwa alle acht Wochen) soll gewährleistet werden, dass evt. Defizite bei der Klausurbearbeitung noch rechtzeitig vor Anfertigung der Examensklausuren im 21. Ausbildungsmonat aufgezeigt und nach Möglichkeit beseitigt werden können.

Die Arbeitsgemeinschaft Zivilrecht III wird von Richterinnen und Richtern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie Notarinnen und Notaren geleitet. 

siehe auch: 

Referendarausbildung in NRW:    Pläne und Vorschriften 


 

Zuletzt geändert am: 16.09.2017 um 13:02:10

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