Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht für Rechtsreferendare


 

Eine kurze Anleitung

Nach dem Ausbildungsplan  für die Ausbildung bei einem ordentlichen Gericht in Zivilsachen nach dem Juristenausbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 11.3.2003 soll der Referendar, die Referendarin, im Rahmen der Einführung in die prozessualen Grundsituationen die mündliche Verhandlung schriftlich durch ein Votum vorbereiten. Wie ein solches Votum auszusehen hat, darüber schweigt der Ausbildungsplan.

       

In der Praxis wird es verstanden als eine bloße Arbeitsunterlage ohne Außenwirkung. Voten sind weder fertige Urteile, noch reine Gutachten. Im rechtlichen Sinne versteht man darunter vielmehr eine kurze schriftliche Bewertung eines Rechtsstreits, die der Richter/Referendar zur Vorbereitung auf die Beratung in der Kammer oder im Senat, zur Führung der mündlichen Verhandlung und Abfassung der Entscheidung erstellt. Durch ein Votum sollen einerseits die Kollegen bei einem Kollegialgericht, andererseits aber auch der die Ausbildung des Referendars tragende Richter am Amtsgericht möglichst kurz und präzise in den Sach- und Streitstand eines Rechtsstreits eingeführt und dadurch in die Lage versetzt werden, den Fall selbstständig ohne weitere Akteneinsicht zu bearbeiten.
Auch aus dem Zweck des Votums folgt nicht, dass es allgemein gültige Aufbauregeln für die Erstellung geben muss. Am besten orientiert man sich an dem, was dort üblich ist, wo man eingesetzt ist und fragt daher seinen Ausbilder, welche Vorstellung er von dem anzufertigenden Votum hat.

Teilweise wird ein Vor- oder Kopfblatt gewünscht, aus dem die Formalien des Rechtsstreits ersichtlich sind. Es folgt der Sachbericht, ein modifizierter Tatbestand, und schließlich die Begründung des Entscheidungsvorschlags,  z.B.  überschrieben mit "Rechtliche Würdigung" oder "Stellungnahme".


Der Sachbericht sollte zur Erleichterung der Abfassung des späteren Urteils bereits so weit als möglich einem Tatbestand ähnlich aufgebaut werden. Der Sachbericht unterscheidet sich von einem Tatbestand indes vor allem dadurch, dass Verweisungen, wie sie der Tatbestand zulässt und häufig erfordert, nicht möglich sind. Er muss umfassend sein. Nur die Tatsachen dürfen weggelassen werden, die unter allen Gesichtspunkten für die Entscheidung offensichtlich unerheblich sind.

Die rechtliche Würdigung sollte nicht wie bei einer Relation in Prüfungsstationen untergliedert und aufgebaut werden, vielmehr - in geeigneten Fällen - im Urteilsstil und wie ein Urteil abgefasst oder jedenfalls im einschlägigen Aufbau wie beim Aktenvortrag oder der Anwaltsklausur aufgebaut werden. Ist dies nicht möglich, wird häufig anstelle einer Relation eine kurz gefasste einschichtige Stellungnahme zum jetzigen Aktenstand erwartet. Die Sach- und Rechtslage wird dabei nach den einzelnen rechtlichen Gesichtspunkten "skizziert". Angezeigt ist insofern eine Mischform, nämlich ein steter Wechsel zwischen Urteilsstil und Gutachtensstil.

Der Umfang der rechtlichen Würdigung richtet sich im Ergebnis nach dem Verfahrensstand und der Schwierigkeit des Falles. Bei streitigen Punkten sind Handlungsalternativen aufzuzeigen.
In "Punktensachen" ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass innerhalb der rechtlichen Würdigung die einzelnen Punkte jeweils nach Grund und Höhe und dabei nach Unstreitigem, Schlüssigkeit, Erheblichkeit und Beweisstation zu gliedern und zu begutachten sind. Auch die Entscheidung über die Zinsen und die Nebenentscheidungen sind kurz, aber zwingend zu begründen.

Am Ende des Votums steht der Entscheidungsvorschlag des Bearbeiters. Ist der Fall entscheidungsreif, so ist ein vollständiger Tenor auszuformulieren. Ist der Tatsachenstoff hingegen unvollständig, muss - wenn möglich - ein vollständiger Beweisbeschluss entwickelt, kurz begründet und ausformuliert werden.

Da nach § 278 Abs. 1 ZPO das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht sein soll, kann ein - alternativer - Vergleichsvorschlag hilfreich sein. Ein Vergleichsvorschlag des Gerichts muss indes sorgfältig vorbereitet werden, damit die Parteien ihn akzeptieren können. Am Ende des Votums sollte daher stets, auch in den Fällen, die der Bearbeiter für rechtlich eindeutig ansieht, ein ausformulierter Vergleichsvorschlag gemacht werden, der die jeweiligen Interessenlagen angemessen berücksichtigt. Das Votum sollte insoweit wenigstens stichwortartig Kriterien nennen, warum eine Partei den Vergleich schließen sollte.

 

 

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