Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht für Rechtsreferendare

 

Das Landesjustizprüfungsamt NRW informiert

 (Stand: Juli 2012)

                                     

 

 

Einführung von zivilrechtlichen Anwaltsklausuren mit rechtsgestaltenden Elementen in der zweiten juristischen Staatsprüfung ab dem Jahr 2014

 

1. Ausgangslage

 

Seit vielen Jahren haben zwei der vier zivilrechtlichen Klausuren in der zweiten juristischen Staatsprüfung in NRW anwaltliche Aufgabenstellungen zum Gegenstand. Nach dem Bearbeitervermerk ist regelmäßig der im Aktenstück geschilderte Sachverhalt aus anwaltlicher Sicht nach Maßgabe des Mandantenauftrages zu begutachten. In der Regel ist außerdem im Rahmen eines praktischen Aufgabenteils ein anwaltlicher Schriftsatz zu fertigen.

Bislang weist die Aufgabenstellung der zivilrechtlichen Anwaltsklausuren in NRW üblicherweise einen Bezug zu einem Gerichtsverfahren auf, d.h. entweder möchte der Mandant sein Begehren mit einem Rechtsbehelf durchsetzen (regelmäßig Frage der Klageerhebung), oder er möchte sich gegen einen erhobenen Rechtsbehelf verteidigen (regelmäßig Frage der Klageerwiderung).

 

2. Hintergrund für eine abwandelte Aufgabenstellung bei zivilrechtlichen Anwaltsklausuren

 

Die anwaltliche Tätigkeit besteht allerdings zu großen Teilen aus der außergerichtlichen Wahrnehmung der Mandanteninteressen, die oftmals mit rechtsgestaltenden Elementen verbunden ist (wie z.B. Entwurf von Vertragstexten, Ausübung von Gestaltungsrechten, Erarbeitung außergerichtlicher Einigungsvorschläge). Ein maßgeblicher Teil des anwaltlichen Berufsalltags wird daher bislang in den Prüfungsaufgaben der zweiten juristischen Staatsprüfung in NRW nicht vollständig abgebildet, was der Bedeutung, die diesem zentralen Bereich gerade auch in der Ausbildung zukommen sollte, nicht gerecht wird. Einige Bundesländer stellen daher schon seit längerem anwaltliche Klausuren mit rechtsgestaltenden Elementen, die häufig als „Kautelarklausuren“ bezeichnet werden.

Das Landesjustizprüfungsamt NRW hat daher nach intensiven Diskussionen mit Vertretern der Anwaltskammern, Prüfern, AG-Leitern und Referendaren sowie in enger Abstimmung mit den juristischen Prüfungsämtern der anderen Bundesländer beschlossen, ab dem Jahr 2014 auch anwaltliche Klausuren mit rechtsgestaltenden Elementen, die keinen zwingenden Bezug zu einem Gerichtsverfahren haben, einzusetzen. Die bisherigen anwaltlichen Aufgabenstellungen werden daneben jedoch weiterhin Verwendung finden.

 

3. Inhalt der zivilrechtlichen Anwaltsklausuren mit rechtsgestaltenden Elementen

 

Auch zukünftig wird die Grundlage aller Anwaltsklausuren im Zivilrecht stets die Begutachtung eines vom Mandanten vorgetragenen Sachverhaltes sein, wobei das Mandantenbegehren zu erfassen und berücksichtigen ist. Das Gutachten wird sich aber nicht mehr zwingend auf die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche oder die Verteidigung gegen einen Rechtsbehelf ausrichten, sondern es kann z.B. darum gehen, außergerichtliche Vergleichsvorschläge zu erarbeiten, Gestaltungsrechte auszuüben oder bestimmte Abreden (z.B. Verträge/Vertragsteile oder AGBs) neu oder ergänzend zu formulieren. Durch taktische Überlegungen sollen die Kandidaten zeigen, dass sie über anwaltliches Verständnis verfügen. Das Ergebnis des Gutachtens ist dann in einem praktischen Aufgabenteil umzusetzen.

Es ist nicht vorgesehen, den Prüfungsstoff auf Rechtsgebiete auszuweiten, die bislang noch nicht Prüfungsgegenstand sind. Auch geht es nicht darum, komplexe Vertragsentwürfe ohne Vorgaben und Hilfestellungen zu erarbeiten. Der praktische Aufgabenteil wird durch den Sachverhalt und den Bearbeitervermerk hin-reichend klar umrissen und eingegrenzt sein.

Es sind keine veränderten anwaltlichen Aufgabenstellungen im Bereich des Strafrechts und des öffentlichen Rechts geplant.

 

4. Training in den Referendararbeitsgemeinschaften

 

Das Landesjustizprüfungsamt hat Übungsklausuren zur Verwendung in den zivilrechtlichen Arbeitsgemeinschaften erstellt, damit konkrete Beispiele für die abgewandelten zivilrechtlichen Anwaltsklausuren in der Ausbildung besprochen und auch geschrieben werden können. Die Klausuren werden ausschließlich den zivilrechtlichen Arbeitsgemeinschaftsleitern zur Verfügung gestellt, um die inhaltliche Gestaltung der AG-Stunden und den Lernerfolg bei den Referendaren nicht zu beeinträchtigen.

 

Zusammenfassung:

 

Ab dem Jahr 2014 werden in der zweiten juristischen Staatsprüfung auch zivilrechtliche Anwaltsklausuren mit rechtsgestal-tenden Elementen (neben den zivilrechtlichen Anwaltsklausuren bekannten Typs) gestellt werden. Im Strafrecht und im öffentlichen Recht sind derzeit keine veränderten Anwaltsklausuren geplant.  

Grundlage auch der neuen zivilrechtlichen Anwaltsklausuren wird die Begutachtung eines vom Mandanten vorgetragenen Sachverhalts aus anwaltlicher Sicht unter Berücksichtigung des Mandantenbegehrens sein, lediglich die bislang übliche Anbindung an ein Gerichtsverfahren entfällt.  

Der praktische Aufgabenteil kann z.B. den Entwurf eines Forderungsschreibens, die Erarbeitung eines außergerichtlichen Einigungsvorschlags, die Ausübung eines Gestaltungsrechts oder die Erstellung/Überarbeitung von Verträgen/ Vertragsteilen oder AGBs zum Gegenstand haben.  

Aus Anlass der Einführung der abgewandelten zivilrechtlichen Anwaltsklausuren ist keine Ausweitung des Prüfungsstoffes geplant.  

Das Landesjustizprüfungsamt NRW hat entsprechende Übungsklausuren zur Verwendung in den zivilrechtlichen Arbeitsgemeinschaften erstellt, die den AG-Leitern zur Verfügung gestellt werden.

 

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Einzelheiten zum Aufbau/zur Gestaltung einer Kautelarklausur s. unter  Downloads    Klausurtaktik

 

 

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