Gliederung §§§
1. Klageart
2. Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen
- a) Erinnerung, § 766
- b) Leistungs- und Feststellungsklage
- c) Abänderungsklage, § 323 BGB
- d) Berufung
- e) Schadensersatzklage aus § 826 BGB
- f) Prozessvergleich
- g) Klage auf Herausgabe des Titels
3. Zulässigkeit
4. Begründetheit
5. Tenor
6. Sondervorschrift für den Vollstreckungsbescheid: § 796 II
7. Anhang: „verlängerte Zwangsvollstreckungsgegenklage
Aufbauschema
(§§ ohne Gesetzesangabe sind solche der ZPO)
1. Klageart
Gestaltungsklage.
2. Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen
a) Erinnerung § 766:
- Erinnerung: Unzulässigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme aus formellen Gründen
- Vollstreckungsgegenklage: Beseitigung der Vollstreckbarkeit eines Titels aus materiell-rechtlichen Gründen.
- Überschneidungen möglich bei § 775 Nr. 4 oder 5; streitig: Vollstreckungsverträge.
b) Leistungs- bzw. Feststellungsklage wegen des Anspruchs, der die materiellrechtliche Einwendung gibt, bleibt möglich.
c) Abänderungsklage, § 323 (führt im Gegensatz zur Vollstreckungsgegenklage zur Durchbrechung
der Rechtskraft)
- Mindermeinung:
Bei nachträglicher Änderung der Umstände wahlweise §§ 767, 323.
- Herrschende Meinung:
§ 323: Die Umstände haben sich gewandelt, die sich von vornherein als wandelbar darstellen und ein quantitatives Element enthalten.
§ 767: Scharf umrissene, punktuelle Ereignisse sowie rechtshemmende oder rechtsvernichtende Tatsachen.
d) Berufung
- Wahlrecht, solange Urteil nicht rechtskräftig. Berufung ist kein einfacherer und billigerer Weg.
- Ist Berufung eingelegt, kein Rechtsschutzbedürfnis für Klage nach § 767
e) Schadensersatzklage aus § 826 BGB
Der Titel selbst ist sittenwidrig erwirkt und/oder die Vollstreckung ist sittenwidrig
f) Prozessvergleich
- ursprüngliche Unwirksamkeit des Vergleichs:
Fortsetzung des alten Verfahrens
- Erfüllung und ähnliches: § 767
- Wenn Erfüllung eingewandt wird, dann soll nach der Rechtsprechung des BGH auch die ursprüngliche
Unwirksamkeit im Rahmen des § 767 geltend gemacht werden können.
- Sehr streitig: Nachträglicher Wegfall des Vergleichs (Aufhebung, Rücktritt pp.)
Rechtsprechung: § 767
a. A.: Fortsetzung des alten Verfahrens
g) Klage auf Herausgabe des Titels kann nach h.M. mit der Vollstreckungsgegenklage verbunden oder anschließend erhoben werden.
3. Zulässigkeit der Vollstreckungsgegenklage
a) Statthaftigkeit
Die Vollstreckungsgegenklage ist statthaft bei materiellen Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit
des titulierten Anspruchs:
- Urteile: § 767 I
- Andere Titel (§ 794): §§ 795, 767 I (erwähnen!)
b) Zuständigkeit
- Prozessgericht des 1. Rechtszugs, § 767 I, unabhängig vom Streitwert
- Sondervorschriften bei vollstreckbaren Urkunden (§ 797) und Vollstreckungsbescheiden
(§ 796)
- ggfls. Familiengerichte, wenn eine Familiensache tituliert ist
c) Rechtsschutzbedürfnis
- Ein Titel ist vorhanden (die Klausel muss noch nicht erteilt sein) und die Zwangsvollstreckung ist noch nicht beendet (der Titel ist noch nicht herausgegeben).
- Fehlt: Wenn Berufung eingelegt ist
- Fehlt, wenn der Titel unwirksam ist
- Fehlt, wenn das alte Verfahren fortzusetzen ist (Unwirksamkeit des Prozessvergleichs)
- Fehlt, wenn ein billigerer und einfacherer Weg gegeben ist, der zum selben Ziel führt. Hier ist
insbesondere an die Möglichkeit einer Erinnerung (s.o. 2. a)) zu denken.
d) Klageänderung
Wechselt der Kläger die Einwendungen gegen den titulierten Anspruch aus, handelt es sich nach h. M. um eine Klageänderung, § 267 ist zu beachten.
e) Nicht: § 767 II ! Frage der Begründetheit
4. Begründetheit
a) Aktivlegitimiert (Anspruchsinhaber)
b) Passivlegitimiert (Anspruchsgegner)
- Gläubiger (als Beklagter).
- Bei Abtretung evtl. auch Zessionar, da Titelumschreibung möglich!
(Regelmäßig sind keine Ausführungen über Aktiv- oder Passivlegitimation erforderlich).
c) Die Klage ist begründet, wenn dem Kläger eine nach § 767 II oder III nicht ausgeschlossene
materiell-rechtliche Einwendung zusteht, die die Wirkung hat, dass der Anspruch nicht mehr oder
nur eingeschränkt geltend gemacht werden kann (in der Regel rechtshemmend oder rechtsvernichtend,
nämlich wenn § 767 II gilt).
Beispiele: Erfüllung, Abtretung, Zurückbehaltungsrecht, § 242 BGB, Stundung, Verjährung, Erlass,
Verzicht, Vergleich, befreiende Unmöglichkeit, Rücktritt, befreiende Schuldübernahme, Pfändung des
titulierten Anspruchs, Klagerücknahme nach Erlass des Urteils vor dessen Rechtskraft.
d) Kein Ausschluss nach § 767 II (Parallelvorschrift bei Vollstreckungsbescheiden: § 796 II ! s.u. Ziff. 6)
§ 767 II gilt (jedenfalls für die 1. Vollstreckungsabwehrklage) nicht bei:
- Prozessvergleichen,
- gerichtlichen oder notariellen Urkunden § 794 IV,
- Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
Die Vorschrift des § 767 II kann nach h. M. nicht durch § 242 oder § 826 BGB überwunden werden.
Insoweit kann allenfalls die Schadensersatzklage nach § 826 BGB erhoben werden.
Besonderheiten:
Rechtsprechung: Es kommt auf die objektive Entstehung des Rechts an, nicht auf seine Ausübung
h.M. in der Literatur: Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Ausübung, weil erst dadurch der Anspruch vernichtet wird,
- Abtretung oder gesetzlicher Forderungsübergang
Erlangt der Schuldner nach mündlicher Verhandlung Kenntnis von vorheriger Abtretung, gilt § 767 II nicht. Vor Kenntnis kann er mit befreiender Wirkung an den Kläger leisten, nach Kenntnis nicht (§ 407 BGB). Dieser materielle Umstand ist erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten, so die bisherige Meinung, s. jetzt aber BGH NJW 2001, 231 zu § 407 BGB.
e) § 767 III darf bei einer neuen Vollstreckungsgegenklage nicht eingreifen.
5. Tenor
a) Die Zwangsvollstreckung aus . . .. (Titel) vom . . . (Datum) wird (ganz oder teilweise) für unzulässig erklärt.
Wenn nur der Beklagte nicht vollstrecken darf, evtl. aber ein anderer, darf nur die Vollstreckung des Beklagten für unzulässig erklärt werden.
b) Kosten
c) Das Urteil ist in vollem Umfang für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Der Wert der Forderung, wegen der der Beklagte nicht vollstrecken kann, ist beim stattgebenden Urteil in die Sicherheitsleistung einzubeziehen.
6. Sondervorschrift für den Vollstreckungsbescheid: § 796 II:
a) Einwendungen müssen nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sein. Objektive Unmöglichkeit der Geltendmachung ausreichend; Kenntnis nicht erforderlich
- h. M.: Einwendungen nach Ablauf der Einspruchsfrist entstanden.
- a. A.: Bei der Vollstreckung während der Einspruchsfrist Einspruch, sonst § 767,
7. Anhang: "Verlängerte Vollstreckungsgegenklage"
Die "verlängerte Vollstreckungsgegenklage" ist keine eigene Klageart der ZPO; es handelt sich vielmehr um eine gewöhnliche Leistungsklage, die nach oder anstelle einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767) erhoben wird, wenn die Vollstreckung bereits stattgefunden hat.
Der Schuldner verlangt mit der verlängerten Vollstreckungsgegenklage die Herausgabe des durch die (unberechtigte) Zwangsvollstreckung Erlangten. Materiellrechtliche Anspruchsgrundlage ist die Kondiktion in sonstiger Weise nach § 812 I 1 Alt. 2, S. 2 BGB (nicht die Leistungskondiktion, da die Vermögensmehrung beim Vollstreckungsgläubiger durch Hoheitsakt und nicht durch Leistung
des Vollstreckungsschuldners eingetreten ist). Rechtsgrund für diese Vermögensverschiebung ist grundsätzlich der Titel (nicht: der materiellrechtliche Anspruch!). Unter den Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung des Titels verlangt werden kann (mit der Vollstreckungsgegenklage), muss dann aber auch der Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung vom Vollstreckungsschuldner zum Vollstreckungsgläubiger entfallen, so dass die Kondiktion nach § 812 I 1 Alt. 2, S. 2 gegeben ist.
Entscheidend hierfür ist, dass § 767 II die zeitliche Grenze der Rechtskraft markiert: Die materielle Rechtslage vor dem Erlass des Urteils ist durch den Titel festgeschrieben und kann nicht mehr mit materiellen Einwendungen zu Fall gebracht werden. Einwendungen, die nach Eintritt der Rechtskraft entstanden sind (vgl. § 767 II) werden durch die Rechtskraft aber nicht präkludiert, so dass insoweit der Rechtsgrund nachträglich wegfallen kann.
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Aufbauschema