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Einleitung
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Einleitung
Die Rechtskraft betrifft sowohl Fragen der Zulässigkeit als auch der Begründetheit der Klage und ist somit einer der zentralen Bestandteile des Zivilprozessrechtes. Dabei sind zunächst die formelle und die materielle Rechtskraft streng voneinander zuunterscheiden.
1. Formelle Rechtskraft, § 705 ZPO (Unanfechtbarkeit)
Die formelle Rechtskraft bezeichnet man auch als äußere Rechtskraft. Sie beinhaltet allgemein das Verbot der Klageerhebung hinsichtlich eines Streitgegenstandes, der bereits Gegenstand einer rechtskräftigen Entscheidung war. Somit wird der äußere Bestand einer rechtskräftigen Entscheidung gesichert, d.h. er kann durch Rechtsmittel oder Einspruch nicht mehr beseitigt werden (§ 705 ZPO).
Zu unterscheiden ist hiervon die Unwiderruflichkeit eines Urteils durch das gleiche Gericht. Dem steht schon § 318 ZPO entgegen. Es handelt sich demnach nicht um die Unabänderlichkeit überhaupt, sondern nur diejenige Unabänderlichkeit, die die Folge der Unzulässigkeit von Einspruch und Rechtsmitteln ist. Unabänderlichkeit in diesem Sinne ist daher als Unanfechtbarkeit zu verstehen.
Der formellen Rechtskraft zugänglich sind neben Urteilen auch Beschlüsse, sowie Zwischenentscheidungen, die als solche nicht selbständig anfechtbar sind.
2. Materielle Rechtskraft, § 322 ZPO (Feststellungswirkung)
Die materielle Rechtskraft setzt das Vorliegen der formellen Rechtskraft, d.h. die äußere Unanfechtbarkeit der gerichtlichen Entscheidung voraus.
Während die formelle Rechtskraft den äußeren Bestand der gerichtlichen Entscheidung sichert, schützt die materielle Rechtskraft die materielle Feststellungswirkung des Urteils. Die materielle Rechtskraft bewirkt damit die Maßgeblichkeit des Inhalts, der durch das Urteil festgelegt wird. Daher wird diese Wirkung auch Feststellungswirkung genannt.
Die materielle Rechtskraft hat nicht die Funktion, die Aufhebung der rechtskräftigen, gerichtlichen Entscheidung zu verhindern, dies ist wie dargelegt, Aufgabe der formellen Rechtskraft. Zweck der materiellen Rechtskraft dagegen ist es, einer weiteren inhaltlich widersprechenden Entscheidung zu begegnen, d.h. der Einzelne soll nicht solche gerichtlichen Entscheidungen herbeiführen können, welche bereits Inhalt vorhergehender, bereits rechtskräftiger, gerichtlicher Feststellung waren, so dass die Gefahr einer inhaltlich widersprechenden Entscheidung gegeben ist (vgl. z. B. § 767 II ZPO).
Einer solchen Regelung der materiellen Rechtskraft ist das Risiko immanent, dass rechtskräftige, inhaltlich falsche Entscheidungen unanfechtbar werden und die Parteien binden. Dies ist jedoch die notwendig Folge des Rechts auf Rechtsschutz durch die Gerichte. Sie findet ihre verfassungsmäßige Verankerung im Rechtsstaatsprinzip. Das Interesse an Rechtssicherheit, welches ohne die Rechtskraft nicht bestünde (Unsicherheit über den Bestand von Entscheidungen für alle Zeit, Ansehensverlust der Gerichte, sowie ihre Einbußen Funktionsfähigkeit) wird als das kleinere Übel gegenüber dem der Rechtsunsicherheit hingenommen. Diese Risiko ist staatlicherseits, durch die sorgfältige Auswahl von Richtern und die Sicherstellung eines mit allen Garantien der Rechtsvergewisserung ausgestattetes Verfahren zu minimieren. Außerdem: Wer wollte verbürgen, dass die neue Entscheidung richtiger ist als die erste?
Wie sich die Rechtskraft auf die tatsächlich bestehende Rechtslage auswirkt (insbesondere dann, wenn sie von ihr abweicht), ist umstritten. Dabei wird zwischen einer materiellen und einer rein prozessualen Wirkung der Rechtskraft (s. auch Thomas-Putzo, ZPO 24. Aufl., § 322 Rdn. f ff.) unterschieden. Nach der derzeit herrschenden prozessualen Rechtskrafttheorie hat das Urteil keine Wirkung auf das materielle Recht. Seiner Rechtskraft kommt die Wirkung einer Bindung an die rechtskräftige Entscheidung für das erneut angerufene Gericht zu. Darin erschöpft sich aber nicht die Bindungswirkung nach der heute überwiegend vertretenen "ne bis in idem-Lehre" (BGHZ 34, 337;
BGHZ 36, 365 und Schwab, JuS 76, 69/73).
Zu unterscheiden sind die Fälle einer abschließenden Entscheidung in einer Sache und die Fälle, in denen mit einer weiteren Klage auf die Rechtsfolge des vorhergehenden Urteils angeknüpft wird. Bei erneuter Klage in der gleichen Sache ist Folge der prozessualen Rechtskrafttheorie und der "ne bis in idem-Lehre", dass die Rechtskraft als eine negative Zulässigkeitsvoraussetzung zu verstehen ist.
Liegt demnach eine rechtskräftige Entscheidung in der gleichen Sache vor (über denselben Streitgegenstand), so ist eine erneute Klage als unzulässig abzuweisen.
Beispiel: A klagt auf Kaufpreiszahlung aus einem mit dem B geschlossenen Kaufvertrag. Erfüllungshalber hatte B einen Wechsel hingegeben.
Nach der Klageabweisung könnte A erneut Klage auf Zahlung aus dem begebenen Wechsel erheben, da die Streitgegenstände, die beiden Ansprüchen zugrunde liegen unterschiedlich sind. Die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils stünde demnach der Klage bzgl. Zahlung auf den Wechsel nicht entgegen.
In den Fällen, in denen die Folgen einer im vorhergehenden Prozess festgestellten Rechtsfolge begehrt werden und der Streitgegenstand des ersten Rechtsstreites nicht identisch mit dem vorliegenden ist, ist dieser Entscheidung des Gerichtes, die festgestellte Rechtsfolge als bereits feststehende Vorfrage, dem aktuellen Urteil zugrunde zu legen (präjudizielle Wirkung). Die Rechtskraft der vorhergehenden Entscheidung ist hier zwar nicht generell negative Prozessvoraussetzung, das "ne bis in idem" wirkt jedoch in gleicher Weise: eine wiederholende oder gar widersprechende Entscheidung ist dem Richter untersagt.
Beispiel: Wurde im vorhergehenden Prozess das Eigentum an einer Sache festgestellt, so dürfen im Falle der Herausgabeklage hinsichtlich der gleichen Sache die Eigentumsverhältnisse nicht erneut überprüft werden (wichtig und sehr lehrreich:
BGH NJW 2008, 2922;
BGH NJW 2003, 3058.
Im Mittelpunkt der Entscheidung BGH NJW 2003, 1044 steht ein gleichermaßen für Ausbildung, Prüfung und Praxis relevantes zivilprozessuales Problem. Es geht um die materielle Rechtskraftwirkung einer Klageabweisung durch Versäumnisurteil. Wenn eine Klage als unbegründet abgewiesen wird, steht bekanntlich die materielle Rechtskraft dieses Urteils (§ 322 ZPO) einer erneuten Klage über denselben Streitgegenstand (prozessualen Anspruch) entgegen. Die neue Klage ist als unzulässig abzuweisen. Die materielle Rechtskraft steht aber einer erneuten Klage nur so weit entgegen, wie sie reicht. Wird also eine Klage als „derzeit unbegründet“ abgewiesen, weil etwa der geltend gemachte Anspruch jedenfalls noch nicht fällig ist, kann nach dem Fälligkeitszeitpunkt erneut Klage erhoben werden. Dabei ist es nach h. M. ausreichend, dass sich dies aus den Gründen des Urteils ergibt. Es muss sich also nicht unmittelbar aus dem Urteilstenor ergeben. In dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren hatte die erste Instanz eine Klage als „derzeit unbegründet“ abgewiesen und der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt. In diesem Berufungsverfahren hat er dann wegen des Hinweises des Berufungsgerichts, dass noch keine Fälligkeit vorliege, ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen, durch das die Klage abgewiesen wurde (§ 330 ZPO). Ein solches ergeht bekanntlich allein aufgrund der Säumnis ohne jede Sachprüfung. Nach dem von der ersten Instanz als Fälligkeitstermin genannten Zeitpunkt erhob der Kläger erneut Klage. Um diese Klage ging es dann im vorliegenden Urteil. Es stellte sich hier dem BGH die Frage, ob durch das Versäumnisurteil (das ja nicht begründet wird, sondern nur die Klage allein aufgrund der Säumnis des Klägers abweist) eine „endgültige Verneinung“ des Anspruchs oder bloß die von der ersten Instanz des Vorverfahrens ausgedrückte „derzeitige Verneinung“ des Anspruchs mit materieller Rechtskraftwirkung ausgesprochen ist. Der BGH bestätigt auch hier seine Rechtsprechung und bejaht mit Recht ersteres.
Bei der formellen und der materiellen Rechtskraft handelt es sich um zwei selbstständige Begriffe, die jedoch in einem untrennbaren Verhältnis zueinander stehen.
Die materielle Rechtskraft ist stets Folge der formellen Rechtskraft, wobei letztere die materielle Rechtskraft nicht notwendig zur Folge hat. Denn die materielle Rechtskraft setzt einen feststellungsfähigen Inhalt der Entscheidung voraus.
Die Wirkung der Rechtskraft auf einzelne Teilbereiche lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die Frage der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung ist streng von der Frage ihrer
Rechtskraft zu unterscheiden. Denn die fehlende Rechtskraft einer Entscheidung,
sagt zunächst nichts über deren Vollstreckbarkeit aus. So kann eine nicht rechtskräftige Entscheidung vollstreckbar sein vgl. §§708 ff. ZPO. Umgekehrt können rechtskräftige Entscheidungen nicht vollstreckbar sein, wie es bei Feststellungsurteilen und Gestaltungsklagen der Fall ist.
Die Herbeiführung einiger Rechtsfolgen durch Rechtsgeschäft zwischen Privatpersonen, ist der Privatautonomie entzogen. In den gesetzlich angeordneten Fällen sind die Beteiligten gezwungen, diese Rechtsfolge im Wege der Gestaltungsklage durch Urteil herbeizuführen. Dem Richterspruch kommt damit unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung zu. Wenn man von der angesprochenen Auffassung der materiellrechtlichen Gestaltungswirkung eines Urteils ausgeht, wäre jedes Urteil ein Gestaltungsurteil, weil es die materielle Rechtslage verändert.
Beispiele:
Im materiellen Recht werden an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen Rechtsfolgen geknüpft. So ist an einigen Stellen ein rechtskräftiges Urteil, Teil des Tatbestandes. Im Unterschied zu Gestaltungsurteilen, die eine bestimmte Rechtsfolge erklären, hat die Tatbestandswirkung deren Eintritt zur Folge, welcher dadurch jedoch nicht rechtkräftig festgestellt wird.
3. Streitgegenstand
Es bleibt die Frage, welcher Inhalt des Urteils in Rechtskraft erwächst. Nach § 322 ZPO wird über den Anspruch rechtskräftig entschieden. Darüber, dass mit diesem Anspruch kein materieller Anspruch gemeint ist, besteht Einigkeit. Das folgt daraus, dass es bei vielen Klagen überhaupt nicht um die Geltendmachung eines materiellen Anspruchs geht, wie z.B. Gestaltungsklagen, Klage auf Feststellung des Bestehenseines Rechtes, oder die Gültigkeit eines Vertrages.
Die Frage nach dem Inhalt des prozessualen Anspruchs verweist auf den Begriff des Streitgegenstandes, der in der ZPO nicht definiert ist und über den bis heute tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten bestehen.
Neben der Rechtskraft kommt der Definition des Streitgegenstandes für Fragen der Rechtshängigkeit, § 261 ZPO, der Klagehäufung, § 260 ZPO und der Klageänderung, § 263 ZPO und die sachliche und örtliche Zuständigkeit, entscheidende Bedeutung zu. D.h. die Definition des Streitgegenstandes ist daher nicht allein in Bezug auf die Rechtskraft, sondern auf das gesamte Zivilprozessrecht zu sehen.
Allgemein entscheidet der Richter über einen klageweise geltend gemachten Antrag (Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Auflage, S. 533). Dieser Antrag bestimmt somit den Inhalt der richterlichen Entscheidung. Er besteht zum einen aus einer tatsächlichen Behauptung und zum anderen aus der Behauptung einer Rechtsfolge, die der Antragende für sich in Anspruch nimmt und im Wege eines Urteiles herbeiführen will.
Ausgangspunkt für den Meinungsstreit über die Definition des Streitgegenstandes ist daher einerseits der vorgetragene Lebenssachverhalt und andererseits die geltend gemachte Rechtsfolge. Nach der Lehre vom eingliedrigen Streitgegenstandsbegriff ist allein der Antrag im prozessualen Sinne für die Bestimmung des Streitgegenstandes entscheidend (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., Einl. II Rn. 3 ff).
Bei einer Klage auf Zahlung, die auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt ist, läge demnach ein Streitgegenstand vor, weil der Antrag in diesem Sinne allein auf den Erlass eines Leistungsbefehls in Form eines Urteils lautet, unabhängig davon, welcher materielle Anspruch ihr zugrunde gelegt wird.
Nach der Auffassung, die den zweigliedrigen Streitgegenstand vertritt, bestimmt sich dieser nach dem prozessualen Antrag und dem zugrunde gelegten Lebenssachverhalt. Argument ist der Wortlaut des § 253 ZPO, wonach die Klage den Antrag und den zugrunde liegenden Sachverhalt enthalten muss.
Beide Auffassungen nähern sich im Einzelfall insofern an, als dass erstere zur Bestimmung des Streitgegenstandes den Sachverhalt zur Auslegung des Antrages heranzieht und letztere die Austauschbarkeit der Lebenssachverhalte zur Klagebegründung einschränkt, indem sie diese vom geltend gemachten Anspruch her beurteilt.
Bei der Frage, ob die Rechtskraft einer Klage auf Kaufpreiszahlung, einer erneuten Klage aus dem erfüllungshalber hingegebenen Wechsel entgegensteht, kommen so beide Meinungen zu dem gleichen Ergebnis. Beide Auffassungen bejahen für diesen Fall das Vorliegen zweier unterschiedlicher Streitgegenstände (auch der BGH geht wohl vom zweigliedrigen Streitgegenstand aus,
BGHZ 79, 248; 94, 33; 117, 5 mwN.; NJW 1992, 1173; NJW 1999, 2119).
4. Objektiver Umfang der Rechtskraft
Gleichwohl ist noch nichts darüber gesagt, welcher Teil des Urteils in Rechtskraft erwächst.
Ausgangspunkt ist, dass der Tenor der richterlichen Entscheidung in Rechtskraft erwächst. Dieser ist allerdings nicht immer aussagekräftig, insbesondere dann, wenn er "die Klage wird abgewiesen" lautet. Dann ist damit nicht gesagt, über welchen Streitgegenstand bzw. Klagegrund rechtskräftig entschieden wurde. In diesen Fällen sind der Sachverhalt und die Entscheidungsgründe (Streitgegenstand) heranzuziehen, um so zu bestimmen, welcher Klagegrund endgültig erledigt wurde. Einreden und Einwendungen erwachsen nicht in Rechtskraft, selbst wenn sie den klageweise geltend gemachten Anspruch zu Fall bringen, dies folgt aus dem Umkehrschluss von § 322 II ZPO, der zugleich eine Ausnahme bildet. Die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der im Wege der Prozessaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung, wird von der Rechtskraft Klage abweisender und Klage stattgebender Urteile umfasst. Dies auch, entgegen dem Gesetzeswortlaut, wenn die Gegenforderung besteht, es handelt sich insoweit um eine teleologische Expansion (vgl. auch
BGHZ 36, 365-370).
Die früher vertretene Auffassung, eine Ausnahme im Hinblick auf eine solche Wirkung der Rechtskraft bilde § 32 ZPO, so dass bei Abweisung einer Klage nach § 823 I BGB, die der Kläger im besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung erhoben hat und deshalb vor einem anderen Gericht aus weiteren Anspruchsgrundlagen neu klagen könne (so noch BGH NJW 1971, 564), ist überholt. Wegen § 17 II 1 GVG (1991) hat das zulässigerweise im Gerichtsstand gem. § 32 ZPO angegangene Gericht den Rechtsstreit umfassend zu entscheiden (vgl. z.B. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. Rd. 20 mit Hinweis auf BGH NJW 2003, 828).
Im Einzelnen ist zwischen den verschiedenen Klagearten zu unterscheiden.
Inhalt des stattgebenden Urteils, ist zum einen die Feststellung, dass der Anspruch
besteht und zum anderen der Leistungsbefehl an den Beklagten.
Das Klage abweisende Urteil hat lediglich die feststellende Wirkung, dass der
Beklagte aus dem vorgetragenen Sachverhalt die verlangte Leistung nicht schulde,
wobei der Grund für die Klageabweisung nicht in Rechtskraft erwächst. Das gilt unter
Ausnahme des § 322 II ZPO für alle Einreden, die den Anspruch vereiteln.
Im Unterschied zur Leistungsklage, enthält die Feststellungsklage keinen Antrag auf den Erlass eines Leistungsbefehls. Schon im Antrag wird in der Regel die
Feststellung eines bestimmten Rechtsverhältnisses begehrt, so dass das Urteil das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses und dessen Qualifikation enthält. Somit ist es nur folgerichtig, dass das Klage abweisende Urteil einer positiven Feststellungsklage die Feststellung beinhaltet, dass das Rechtsverhältnis nicht besteht und umgekehrt (BGH NJW 1983, 2032; 1986, 2508). Kurz gesagt haben die abweisenden Entscheidungen einer Feststellungsklage jeweils den kontradiktorischen Inhalt.
Ähnlich wie bei dem Leistungsurteil spricht das Gericht dem Kläger des Recht zu
oder ab, die bestehende Rechtslage durch Klage zu ändern, wobei die Gründe für das Stattgeben oder Abweisen der Klage, nicht in Rechtskraft erwachsen.
Hier wird lediglich der Teil eines an sich umfassenderen Anspruchs eingeklagt.
Voraussetzung ist zum einen, dass der Anspruch selbst teilbar ist und der Klageanspruch klar quantitativ umgrenzbar ist. Werden zum Beispiel mehrere Ansprüche und hiervon Teilbeträge eingeklagt, so ist die Bestimmung des
Streitgegenstandes und damit der Rechtskraft nicht möglich. Die Klage wäre als unzulässig abzuweisen. Auch bei einer Klage, die mangels hinreichender Bestimmtheit des Klagebegehrens an sich als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen, kann ein dennoch ergangenes Sachurteil gleichwohl in materielle Rechtskraft erwachsen, wenn nur das Urteil selbst hinreichend deutlich bestimmt und umgrenzt, welchen prozessualen Anspruch zu welchem Teil es sachlich bescheiden will (BGH NJW 1984, 2346; NJW 1982, 1154).
5. Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft
Die Rechtskraft wirkt grundsätzlich nur zwischen den Parteien, § 322 ZPO. Sie bindet auch deren Rechtsnachfolger, § 325 ZPO.
Voraussetzung für die Rechtskrafterstreckung ist, dass der streitbefangene Gegenstand nach Rechtshängigkeit übertragen wird. Eine Ausnahme hierzu bildet § 325 II ZPO. Demnach ist der gutgläubige, lastenfreie Erwerb einer Sache möglich.
Voraussetzung ist die Gutgläubigkeit des Erwerbers und das Bestehen einer Regelung im materiellen Recht darüber, dass ein gutgläubiger Erwerb überhaupt möglich ist.
§ 265 ZPO stellt insofern einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft dar. Umgekehrt ist es bei der Rechtskrafterstreckung nach §§ 407 II, 408 BGB. Hier muss die Übertragung der Forderung vor Rechtshängigkeit erfolgen.
Dies gilt auch für die Fälle der gesetzlichen Prozessstandschaft, wenn der Kläger ohne das Zutun bzw. gegen den Willen des Rechtsinhabers Klage erheben oder Beklagter sein kann (zum Beispiel: Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker als Parteien kraft Amtes).
Die weiteren Fälle der gesetzlich angeordneten Rechtskrafterstreckung lassen sich danach unterscheiden, ob deren Wirkung gegenüber einer bestimmten Personengruppe oder der Allgemeinheit angeordnet ist.
Beispiele:
(s. auch
Streithilfe und Streitverkündung)
Gesetzlich nicht geregelt ist die Frage der Rechtskraftwirkung bei Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft, in denen ein Kläger ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht (Gedanke des § 185 I BGB). Hier wirkt die Rechtskraft gegen den eigentlichen Rechtsinhaber (Rechtskrafterstreckung). Anderenfalls ließe sich diese Rechtsfigur im Hinblick auf das Prozessrecht und seine Zielsetzung nicht rechtfertigen.
6. Die zeitlichen Grenzen der Rechtskraft
Das Urteil, das zu einem bestimmten Zeitpunkt erlassen wird, erledigt einen Streitgegenstand, der sich aus dem Anspruch und dem Lebenssachverhalt zusammensetzt, so wie er zurzeit der letzten mündlichen Verhandlung vorlag. Fraglich ist damit, wie sich neue Tatsachen auswirken. Handelt es sich um Tatsachen, die erst nach der Verkündung des Urteils bzw. letzten mündlichen Verhandlung auftreten, wie etwa eine Aufrechnungslage (
BGHZ 103, 362), kann der Urteilsschuldner gem. § 767 ZPO gegen die Vollstreckung vorgehen. Hieraus lässt sich auch der Zweck der materiellen Rechtskraft ableiten. Die Erledigungswirkung des Urteils endet dort, wo Umstände eintreten, die objektiv nicht erkennbar waren, weil sie in der Zukunft lagen.
Umgekehrt gilt für Tatsachen, die erst nachträglich bekannt wurden, aber zur Zeit des Prozesses schon vorlagen, dass einer erneuten Klageerhebung die Rechtskraft entgegensteht. Hier steht die Rechtskraft entgegen.